Marie, mon chéri!
Ich weiß, ich habe mich oft über dieses Jahrzehnt und die davor zu
beklagen. Es ist nun mal eine Tatsache, dass die Geschmäcker ab den achtziger
Jahren die wohl größten Tiefs erlebt haben. Ich bin sehr froh darüber, nicht in
den neunziger Jahren leben zu müssen, doch wünschte ich mir manchmal in einer
anderen Zeit, was die Kleiderordnung angeht, gelebt zu haben. Männer in Anzügen mit Hosenträgern, frisch lackierten Schuhen und Fliegen, die
nicht nur ihre Geschmäcker sondern auch ihr Dasein als Gentlemen unterstreichen.
Frauen, die sich um ihre Frisuren kümmern, ihren Lippenstift nachziehen und unter
ihren Kleidern betörende Negliges und Strapsen tragen,welche viel aufreizender
sind als die bloße Haut. Aber ich mache
mir nicht viel daraus, denn das, was in den geschmackvollsten Jahren zum Trend
gehörte, gehört auch heute unter den geschmackvollen Menschen zum Trend. Seien
es vierziger Jahre Blumenprint-Kleider á la Erdem. Pastell Farben der sechziger
á la Louis Vuitton oder die super süßen Pettycoats der fünfziger. Die Mode der zwanziger Jahre zu tragen ist
etwas seltsamer. Man wird angestarrt, doch wen kümmert es? Alles nur Oberzombie
und Bitch-Shirts, hässliche UGG-Boots tragende und vor einer Prollisterschlange
stehende, geschmacklose Menschen, die eine echte Louis Vuitton nicht von einer
unechten unterscheiden können.
Wenn es eine Person in der Geschichte der Mode geben würde miit der
ich um alles in der Welt mein Leben tauschen wollte, so wäre es nur eine. Die
Makronen essende, Leben genießende, sich in Schulden treibende und
beeindruckende Marie Antoinette. Nun ihre Lebensdauer war kurz, aber sie lebte
effektiv und genüsslich. Besser kurz mit Geschmack als lang und fad.
Marie war nicht nur eine bildhübsche junge Frau. Geschmackvoll,
amüsant und reizend zugleich.
Oh und selbstverständlich Monarchin, nicht, dass sie das zu einem besseren Menschen gemacht hätte. Dennoch muss man diese selbstzerstörerische Übeltäterin mit Geschmack lieben....